Sensibilität/Sensitivität (engl.: Sensitivity) und Spezifität (engl: Specifity)

Sensibilität und Spezifität sind zwei Aspekte der »Treffsicherheit« einer Diagnose oder eines (meist medizinischen oder psychologischen, aber auch naturwissenschaftlichen) Tests hinsichtlich des mit diesem Test untersuchten Merkmals (z. B. einer Krankheit, allgemeiner einer bestimmten Fähigkeit oder Eigenschaft, die in diesem Kontext als »vorhanden« oder »nicht vorhanden«, also als binäres Merkmal gedacht wird). Grundsätzlich bestehen hier zwei Probleme: Der Test soll das Vorliegen des betreffenden Merkmals möglichst oft erkennen; je besser er das tut (oder »richtig positive« Diagnosen liefert), desto höher seine Sensibilität. Gleichzeitig soll der Test auch kein positives Ergebnis liefern, wenn das Merkmal nicht vorliegt; je besser er dieses Kriterium erfüllt (also zu »richtig negativen« Diagnosen führt), desto höher seine Spezifität.

Zur formalen Definition gehen wir von folgender Tabelle aus:

    Testergebnis
    Positiv Negativ
Merkmal
liegt vor?
Ja a b
Nein c d

In den Zellen der Tabelle können entweder die Anteilswerte, bezogen auf die Gesamtzahl aller Untersuchungsfälle, oder absolute Zahlen stehen. Die Zelle a enthält die richtig positiven, b die falsch positiven, c die falsch negativen und d die richtig negativen Testergebnisse.

Die Sensibilität, abgekürzt Se, ist dann wie folgt definiert:

Se = a a + b

Die Spezifität, abgekürzt Sp, wird nach folgender Formel berechnet:

Sp = d c + d

Ein Wort zum Sprachgebrauch: Die angemessene Übersetzung für »sensitivity« därfte »Sensibilität« lauten; denn hierunter versteht man »Empfindsamkeit«, eben die Tatsache, dass das Messinstrument das Vorliegen des Merkmals »spüren« soll, Sensitivität heißt im Deutschen dagegen »Überempfindlichkeit«, und diese sollte bei einem Diagnoseinstrument nicht vorliegen. Der Begriff Sensitivität scheint jedoch im deutschen Sprachraum zu dominieren, möglicherweise als einer der vielen Fälle inkompetent praktizierter (und daher Pseudo-) Anglophilie.

© W. Ludwig-Mayerhofer | Last update: 22 Apr 2006