Mehrebenenanalyse (engl.: Multilevel Analysis [also Multilevel Modeling or Hierarchical Modeling])
In der M. werden Daten unterschiedlicher Aggregierungsniveaus gemeinsam analysiert, also beispielsweise Daten von Individuen und der Kontexte, in denen diese leben. Typische Fragen der M. sind: Lernen Mädchen bzw. Jungen besser in Klassen, in denen sich nur (oder überwiegend) Mädchen bzw. Jungen befinden, oder sind gemischte Klassen besser? Wählen Arbeiter, die in »Arbeitervierteln« (also Stadtteilen mit hohem Arbeiteranteil) leben anders als solche, die in »Nicht-Arbeitervierteln« leben? Sind die Löhne in Regionen mit hoher Arbeitslosenquote niedriger als in solchen mit niedriger Arbeitslosenquote (dazu Blien 1995)? Man spricht hier von Mehrebenendaten, weil man Individuen und die Kontexte, in denen sie leben (einschließlich gegebenenfalls höherer Kontexte, z.B. Individuen in Schulen innerhalb unterschiedlicher Regionen) gemeinsam analysiert. Eine andere Bezeichnung ist »hierarische Daten«.
Auf dem Gebiet der statistischen Auswertung solcher Daten haben sich seit Ende der 80er Jahre wichtige Entwicklungen ergeben, die der (auch statistischen) Komplexität der daten wie der anhand solcher Daten erforschbaren Fragestellungen Rechnung tragen. Die neueren Modelle, die die klassische Kontextanalyse inzwischen weitgehend verdrängt haben, berücksichtigen die Tatsache, dass die Einheiten in den unteren Ebenen nicht stochastisch unabhängig voneinander sind, da sie in der Regel gemeinsamen Einflüssen ausgesetzt sind; ebenso, dass die Messwerte auf höheren Ebenen (z.B. die Durchschnittsnoten der einzelnen Klassen) für die jeweils »niedrigeren« Einheiten innerhalb eines Kontextes (z.B. die Schüler*innen einer Klasse) identisch sind. Ferner erlauben diese Modelle zu prüfen, ob die Regressionskoeffizienten für den Modellteil, der sich auf eine niedrigere Ebene bezieht (z.B. für den Einfluss der individuellen Motivation der Schüler*innen auf das Lernergebnis), sich zufällig oder auch in Abhängigkeit von Eigenschaften der höheren Ebenen unterscheiden (Zufallskoeffizienten; siehe DiPrete & Forrestal 1994).
Grundsätzlich lassen sich Mehrebenenanalysen auch im Rahmen der qualitativen Forschung bearbeiten, allerdings sind die Verfahren hierzu weniger kanonisiert als im Fall der statistischen Modelle für hierarchische Daten.
Zitierte Literatur:
- Blien, Uwe: Die Lohnkurve von 1989. Eine Mehrebenenanalyse zum Zusammenhang von regionalen Durchschnittslöhnen und der regionalen Arbeitslosenquote. In: Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, 28, 1995, S. 155-170
- DiPrete, Thomas A. /Forristal, Jerry D.: Multilevel Models: Methods and Substance. In: Annual Review of Sociology 20, 1994, S. 331-357
Weitere Literatur:
- Kreft, Ita/de Leeuw, Jan: Introducing Multilevel Modeling. London: Sage 1998
- Snijders, Tom A. B./Bosker, Roel: Multilevel Analysis. An introduction to basic and advanced multilevel modeling. London: Sage, 1999
© W. Ludwig-Mayerhofer, ILMES | Last update: 17. Mar 2016