Daten (englisch: Data)
1. In der empirischen Sozialforschung sind Daten zeichenhafte oder bildliche Repräsentationen (nicht: Abbildungen) von (Aspekten) sozialer Wirklichkeit. Sie sind gewissermaßen das ›Rohmaterial‹, das ausgewertet wird, um empirisch gestützte Aussagen über den Forschungsgegenstand zu ermöglichen, sowie um (gemäß dem deduktiv-nomologischen Modell) Theorien zu prüfen oder um Theorien überhaupt erst (hypothetisch) zu entwickeln. Daten können von Forschenden für ihre Zwecke durch Datenerhebung erzeugt werden; ebenso können im Forschungsprozess aber auch Daten verwendet werden, die von Dritten (nicht notwendigerweise für wissenschaftliche Zwecke, siehe prozessproduzierte Daten) erhoben wurden. Schließlich können auch vorliegende Zeichen oder Zeichenkomplexe zu Daten gemacht werden. »Datum« ist also immer bezogen auf das Erkenntnisinteresse einer forschenden Person (oder anderer Beobachtender, etwas staatlicher Instanzen).
Gemäß der hier dargestellten Auffassung stützt sich sowohl die etablierte standardisierte als auch die qualitative Sozialforschung auf Daten. Die Auffassung von Kromrey et al. (2016, S. 194), wonach unter Daten »Merkmalsmesswerte verstanden [werden], anhand derer die untersuchten Objekte unmittelbar – ohne weitere Interpretationsschritte – verglichen und z. B. statistisch ausgewertet werden können«, verweist darauf, dass qualitativ Forschende ihr Material meist interpretativ oder rekonstruktiv auswerten; dennoch bezeichnen auch die allermeisten unter diesen ihr empirisches Material als »Daten«.
Der Begriff »Datum« (Singular von Daten) bedeutet wörtlich »Gegebenes«. Tatsächlich sind Daten aber nicht einfach gegeben, sondern werden erzeugt. Insofern ist »C.W.« (=Christoph Weischer) (2015, S. 73) Recht zu geben, der darauf verweist, dass der Begriff »Fakten« angemessener wäre.
Zu beachten ist, dass der englische Begriff »data«, wiewohl offensichtlich Plural, meistens als Singular verwendet wird; nur wenige Forschende wissen um den korrekten Numerus. Die American Psychological Association legt allerdings Wert darauf, dass der Begriff als Plural betrachtet wird, siehe https://blog.apastyle.org/apastyle/2012/07/data-is-or-data-are.html. Es gibt jedoch auch gegenläufige Auffassungen, die explizit glauben machen wollen, dass es sich um ein Nomen im Singular handele.
2. In der Informatik betrachtet man Daten vor allem mit Blick auf ihre (heutzutage wohl ausschließlich digitale) Verarbeitung. Im Datenschutzrecht geht es vor allem um personenbezogene Daten, Daten also, die von Menschen als Merkmalsträgern stammen; geschützt werden sollen eigentlich nicht die Daten, sondern die Rechte der Individuen auf informationelle Selbstbestimmung. Allerdings leiten sich daraus Forderungen ab, die Daten vor dem Zugriff unbefugter Dritter zu schützen.
Literatur:
- Kromrey, Helmut/Roose, Jürgen/Strübing, Jörg: Empirische Sozialforschung. Modelle und Methoden der standardisieren Datenerhebung und Datenauswertung mit Annotationen aus qualitativ-interpretativer Perspektive. 13., völlig überarbeitete Auflage, Konstanz/München: UVK mit UVK/Lucius, 2016.
- C.W. (=Weischer, Christoph): Artikel: Daten, in: Diaz-Bone, Rainer/Weischer, Christoph (Hrsg.): Methoden-Lexikon für die Sozialwissenschaften. Wiesbaden: Springer VS, 2015, S. 73.
© W. Ludwig-Mayerhofer, ILMES | Last update: 12 Dec 2020