Guttman-Skala (Guttman Scale)
Bei der G. handelt es sich um ein Messverfahren, mit dem Einstellungen einem bestimmten »Gegenstand« (im weitesten Sinn) gegenüber gemessen werden können, z.B. gegenüber Personen, Personengruppen, Verhaltensweisen etc.
Dabei werden den Befragten einige Aussagen (»Statements«, »Items«) vorgelegt, die sie bejahen oder verneinen sollen. Es wird angenommen, dass die Aussagen einer Reihenfolge entsprechen (oder in eine Reihenfolge gebracht werden können) derart, dass sie jeweils eine unterschiedlich »extreme« Auffassung dem Objekt gegenüber ausdrücken.
Nehmen wir an, die Einstellung gegenüber (oder die Bereitschaft zu) politischer Beteiligung würde anhand folgender Aussagen erhoben:
Im Rahmen der nächsten Bundestagswahl werde ich voraussichtlich ... | ||
---|---|---|
Wählen gehen | Ja | Nein |
Einer Partei Geld spenden | Ja | Nein |
An einem Infostand einer Partei mitmachen | Ja | Nein |
Für eine Partei kandidieren | Ja | Nein |
Es kann angenommen werden, dass ein Befragter, der bei der letzten Aussage »Ja« ankreuzt, meist bei allen vorhergehenden Aussagen ebenfalls »Ja« ankreuzt und insgesamt die höchste Bereitschaft zu politischer Beteiligung hat. Wer beim letzten Item »Nein«, aber beim vorletzen »Ja« ankreuzt, dürfte im Allgemeinen auch beim ersten und zweiten Item »Ja« angegeben haben und steht für die zweithöchste Form politischer Beteiligung. Entsprechend verhält es sich auch mit den übrigen Items.
Im Anwendungsfall muss stets anhand der erhobenen Daten geprüft werden, ob diese Annahme einer zunehmenden »Stärke« der gemessenen Einstellung oder anderen Eigenschaft tatsächlich zutrifft (auch wenn dies in einer früheren Untersuchung schon einmal zutraf, kann es sich in einer neuen Stichprobe anders verhalten). Natürlich wird es immer einige Befragte geben, die sich nicht der »theoretischen« Reihenfolge entsprechend verhalten, aber deren Anzahl sollte auf keinen Fall zu groß sein. Technisch formuliert kann ein sog. »Reproduzierbarkeitskoeffizient« berechnet werden, der die Zahl der »abweichenden« (nicht den theoretischen Annahmen entsprechenden) Angaben zur Gesamtzahl der Angaben in Beziehung setzt (Näheres in einem geeigneten Lehrbuch). Guttman selbst hat Skalen mit einem Reproduzierbarkeitskoeffizienten zwischen 1 (perfekte Entsprechung) und 0,9 als akzeptabel bezeichnet.
Der einer Person zugeordnete Messwert (bei Anordnung der Items der Stärke nach entspricht dieser der Ordnungszahl des höchsten mit »Ja« angekreuzten Items) besitzt Ordinalskalenniveau (siehe Messniveau).
© W. Ludwig-Mayerhofer, ILMES | Last update: 28 Feb 2004