Einseitige Hypothese, manchmal auch: gerichtete Hypothese (engl.: One-tailed or One-sided Hypothesis)
Einseitigkeit ist normalerweise eher negativ zu beurteilen – aber einseitige Hypothesen werden gerade von SoziologInnen zu selten beachtet. Man versteht darunter Hypothesen, welche, salopp gesprochen, eine bestimmte Richtung eines Zusammenhangs oder Unterschieds annehmen. Einseitige H.n wären z. B.: Je größer die regionale Arbeitslosenquote, desto länger dauern die individuellen Arbeitslosigkeitsphasen; Ko-Edukation führt zu schlechteren Noten für Mädchen; je schneller eine Organisation wächst, desto schneller wächst der Anteil der Frauen, die in ihr arbeiten. Zweiseitige H.n würden dagegen behaupten: Es besteht ein Zusammenhang zwischen Arbeitslosenquote und Dauer der Arbeitslosigkeitsphasen (aber er kann positiv oder negativ sein); es besteht ein Zusammenhang zwischen Ko-Edukation und Noten der Mädchen; es besteht ein Zusammenhang zwischen Wachstum der Organisation und Frauenanteil.
Warum sind e. H.n gut? Weil die kritische Testgröße, die überschritten werden muss, um einen Zusammenhang oder Unterschied als signifikant auszuweisen, kleiner ist als bei einer zweiseitigen Hypothese. Die von Statistikprogrammen ausgeworfenen Teststatistiken und Signifikanzniveaus beruhen aber in den allermeisten Fällen auf zweiseitigen Hypothesen – und damit wird so manche Hypothese verworfen, obwohl sie bei einseitigem Testen durchaus als signifikant akzeptiert worden wäre!
Man sollte nun aber nicht im Nachhinein zweiseitige Hypothesen, die das gewählte Signifikanzniveau knapp verfehlen, in einseitige Hypothesen umformulieren, um so doch noch Signifikanz »herauszuschinden». Nein, die Sache gilt nur, wenn die Richtung der H. wirklich vorher festgelegt wurde.
Siehe auch: Zweiseitige Hypothese (dort aber nichts wesentlich über das hier Gesagte Hinausgehendes).
© W. Ludwig-Mayerhofer, ILMES | Last update: 30 Dec 1999