Kohortenstudie (Kohortenuntersuchung) (engl.: Cohort Study, Cohort Research)
Sonderform der Längsschnittuntersuchung. Unter Kohorte versteht man eine Gruppe von Personen, die (in etwa) zum gleichen Zeitpunkt ein bestimmtes Lebensereignis erfahren hat, etwa Geburt (Alterskohorten), Heirat (Heiratskohorten), Eintritt in den Arbeitsmarkt usw. Von diesen Kohorten werden zumeist (retrospektiv oder prospektiv) Längsschnittdaten erhoben. Werden mehrere Kohorten miteinander verglichen, so kann man u. U. Kohorteneffekte (Wirkungen auf die Personen, die sich aus ihrer Kohortenzugehörigkeit ergeben) von Alterseffekten (Wirkungen, die sich aus der Tatsache des Älterwerdens ergeben) trennen.
Kohorteneffekte zu berücksichtigen ist ein wichtiges Erkenntnismittel für die Sozialwissenschaften. Beispielsweise sagt die absolute Zahl der Scheidungen in einem Land nichts über die »Scheidungsneigung«. Vielmehr muss man für ein Verständnis dieser »Neigung« (wenn wir diesen Ausdruck einmal akzeptieren) nicht nur berücksichtigen, wie viele Verheiratete es gibt, sondern auch, wie viele Personen bzw. Paare wie lange verheiratet sind (anders gesagt: wie umfangreich die unterschiedlichen Heiratskohorten sind). Das Scheidungsrisiko ist nämlich am höchsten etwa im fünften bis siebten Ehejahr. Wenn also z.B. die Zahl der Scheidungen in einem Land zurückgeht, so kann das einfach daran liegen, dass es (etwa wegen geringer besetzter jüngerer Alterskohorten) im Bestand aller Verheirateten immer weniger »junge« Ehen gibt, anders gesagt, dass immer mehr Ehepaare eine Ehedauer erreicht haben, in der die Scheidungsneigung ohnehin abnimmt.
© W. Ludwig-Mayerhofer, ILMES | Last update: 30 Dec 1999