Hypothese (engl.: Hypothesis)

(Note to Germans: Emphasis in English is on the second syllable, that is, on "po")

Unter H. versteht man in der empirischen Sozialforschung eine anhand empirischer Daten zu prüfende Annahme. Im Rahmen der »quantitativen« (standardisierten) Sozialforschung meint man vor allem eine Annahme, die einem statistischen Test unterworfen werden kann. Diese Annahme richtet sich meistens darauf, dass zwischen zwei Merkmalen ein Zusammenhang, oder dass zwischen Gruppen ein Unterschied besteht. (Im Grunde sind das nur Varianten ein und desselben Sachverhalts.) Es sind aber auch zahlreiche weitere Hypothesen denkbar, so etwa solche über eine bestimmte Form des Zusammenhangs (etwa ein linearer, ein exponentieller, ein kurvilinearer), über Veränderungen usw.

Beim statistischen Test wird eine sog. Nullhypothese aufgestellt, die i.a. besagt, dass der postulierte Zusammenhang oder Unterschied nicht besteht. Es wird eine Teststatistik berechnet, die angibt, ob ein in den Daten beobachteter Zusammenhang oder Unterschied mit der Nullhypothese kompatibel ist. Überschreitet die Teststatistik einen bestimmten, vorab festzulegenden Wert, so wird die Nullhypothese verworfen und die eigentliche Forschungshypothese, die Alternativhypothese , gilt als vorläufig nicht widerlegt (manche sagen auch: vorläufig akzeptiert). – Andere Nullhypothesen sind denkbar, z.B. dass ein Unterschied einen bestimmten Betrag nicht überschreitet, sie werden in der sozialwissenschaftlichen Forschungpraxis jedoch nur selten formuliert.

Im Rahmen der qualitativen Forschung geht man von einem weniger linearen Verhältnis zwischen H. und ihrer Prüfung aus; es wird also die Vorstellung abgelehnt, die Bildung von Hypothesen an den Beginn des Forschungsprozesses zu stellen. Vielmehr sollen dort die H.en erst aus dem Datenmaterial entwickelt werden. Diese H.en müssen aber an neuem Material überprüft werden. »Neues Material« muss nicht unbedingt heißen »neue Fälle«; so versucht man bei der Prüfung von »Fallstrukturhypothesen« im Rahmen der Objektiven Hermeneutik, Annahmen über den Fall, die anhand eines Teils des Datenmaterials gewonnen wurden, anhand des übrigen Datenmaterials zu dem gleichen Fall zu bestätigen oder zu widerlegen. Generell erfolgt die Prüfung von Hypothesen in der qualitativen Forschung nicht auf der Grundlage statistischer Wahrscheinlichkeitsmodelle.

Siehe auch: Einseitige Hypothese; Inferenzstatistik; Zweiseitige Hypothese.

© W. Ludwig-Mayerhofer, ILMES | Last update: 30 Dec 1999